Ahnataler Grüne fordern ein zukunftsorientiertes und entwicklungsförderndes Betreuungskonzept für die unter 3-Jährigen (U3) – das angestrebte Bürgerbegehren könnte kindorientierten Neubau gefährden

Der stetig wachsenden Anzahl an Kindern in Ahnatal muss zukünftig mit einem weitsichtigen und qualitativ hochwertigen Betreuungskonzept begegnet werden. Sichtbar wurden die bereits jetzt ausgeschöpften Betreuungskapazitäten aktuell besonders im Kindergarten Königsfahrt. Daraus ergab sich für die Ahnataler Grünen eine Betrachtung der Gesamtsituation mit der Ambition zeitgemäße konzeptionelle Entwicklungen im Betreuungsbereich einzuleiten. Diese sollen die besonderen Bedürfnisse der U3 als auch der Ü3-Jährigen berücksichtigen und mit Weitsicht bereits jetzt die zukünftige Betreuung der Grundschulkinder (Rechtsanspruch 2025) vorbereiten. Sollte durch das angestrebte Bürgerbegehren eine U3-Betreuung in allen kommunalen Kindergärten erzwungen werden, bleibt offen, wie künftig eine bedarfs- und bedürfnisgerechte Betreuung der Ahnataler Kinder gestaltet werden kann – dies gilt vor allem für den Kindergarten Königsfahrt, bei dem die Wiedereingliederung der zurzeit an der Helfenstein-Grundschule betreuten Gruppe dringend notwendig ist.

Warum unterstützen die Ahnataler Grünen einen Neubau in Kooperation mit einem freien Träger für die Betreuung der unter 3-Jährigen?

Die Ahnataler Gemeindevertretung hat im Februar 2020 beschlossen den Kindergarten Königsfahrt zu modernisieren und zu erweitern. Für die U3-Betreuung soll ein Neubau in Zusammenarbeit mit einem freien Träger errichtet werden.


Die Gemeindevertretung hat am 27.02.2020 folgenden Beschluss gefasst:

„Die Gemeindevertretung beschließt, die im Standortkonzept für die Ahnataler Kindergärten vom 07.11.2019 unter Ziffer 4 vorgestellte Variante 4 „Kooperation mit einem freien Träger – Neubau einer mehrgruppigen Einrichtung durch einen freien Träger zur U3-Betreuung“ mit gleichzeitiger Modernisierung und funktioneller Erweiterung des Kindergartens in Weimar, umzusetzen.
 
Der Betriebskostenzuschuss der Gemeinde Ahnatal an den freien Träger für die Betreuung zur „U3-Betreuung“ ist künftig angemessen zu erhöhen, um die Beitragszahlungen der Eltern vermindern zu können.
 
Die Modernisierung des Kindergartens in Heckershausen erfolgt gemäß des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 26.06.2019.“


Die ursprüngliche Beschlussvorlage beinhaltet die Auslagerung der gesamten kommunalen U3- Betreuung in Ahnatal an einen freien Träger. Dieser weitreichende Ansatz wurde im Laufe der parlamentarischen Beratungen gestrichen und wird weder von der Parlamentsmehrheit noch von der Verwaltung gewollt. Es wird auch zukünftig eine U3-Betreung in kommunalen Kindergärten geben.

Die Ahnataler Grünen waren bei der Beschlussfassung maßgeblich daran beteiligt, dass die U3-Betreuung über das kommunale Angebot hinaus qualitativ erweitert wird.

Im Folgenden wird dargestellt, aus welchen übergeordneten Erwägungen heraus die Grünen die oben genannte Lösung für die Betreuung der U3-Kinder in Ahnatal als die beste der zur Wahl stehend Varianten unterstützen.

1. Warum wollen die Ahnataler Grünen die Kooperation mit einem freien Träger?

Nach unserem Verständnis kommt es in Hinblick auf eine gute Entwicklung der Kinder nicht in erster Linie auf die formale Frage der Trägerschaft an, sondern auf die konkret geleistete pädagogische Arbeit.

Neben den kommunalen Trägern gibt es noch die sogenannten „freien Träger“. Die Mehrzahl aller Kitas, Kindergärten usw. in Deutschland wird von solchen nicht-kommunalen Trägern (z.B. Arbeiterwohlfahrt, Kirchen, eingetragene Vereine, …) organisiert. Diese freien Träger werden nicht geleitet von finanziellem Gewinnstreben oder Elitenbildung, sondern von einer tragenden pädagogischen Idee. In Ahnatal wirken bereits sehr erfolgreich und für die Eltern zufriedenstellend als freie Träger das Kinderahaus Ahnatal, eine gemeinnützige Elterninitiative, sowie der Montessori Kindergarten.

Eltern haben durch die Vielfalt der freien Träger die Möglichkeit auszuwählen, in welchem pädagogischen Umfeld sich ihr Kind entwickeln soll. Diese Wahlmöglichkeit der Eltern einerseits und die pädagogische Schwerpunktsetzung und Profilierung andererseits wollen die Grünen erhalten und weiter fördern. Auch in Ahnatal. Wir wollen Gleichwertigkeit in der Vielfalt.

Für die Ahnataler Grünen ist nicht nachvollziehbar, warum der ausschließliche „Erhalt der Betreuung der unter Dreijährigen in allen kommunalen Kindertagesstätten Ahnatals“ Priorität haben soll. Wir befürworten im Gegensatz dazu einen Neubau durch einen freien Träger mit einem pädagogischen Schwerpunkt in der U3-Pädagogik. 

2. Warum ein Neubau speziell für die U3-Kinder?

Weil es auf den Anfang ankommt!

Gerade im Bereich der frühen Kindheit sind die Qualitätsstandards der institutionellen Betreuung besonders bedeutsam, dennin der frühen emotionalen Entwicklung entsteht ein Kern der Persönlichkeit (vgl. Wiegand 2012). Die pädagogische Arbeit mit Kleinkindern unterscheidet sich grundsätzlich von der Arbeit mit Kindergarten- und Vorschulkindern. Das Verhalten von Kleinkindern ist gekennzeichnet durch intensive, unregulierte Affekte, die sich unmittelbar auf die Bezugsperson übertragen. Es bedarf also eines entwicklungsorientierten und beziehungsbasierten Arbeitens durch speziell ausgebildete ErzieherInnen.

Ebenso bedeutsam für eine stimmige institutionalisierte Frühbetreuung ist die Passung von pädagogischem Angebot und Entwicklungsstand des Kindesund die Gestaltung der äußeren Räume. Die räumliche Situation muss mit Sorgfalt durchdacht werden. Räume haben auch „haltende Funktion“ (Winnicott), sie sind „dritte Erzieher“ (Reggio-Pädagogik).

Unter Einbeziehung all dieser besonderen Bedürfnisse von Kindern unter drei Jahren empfiehlt auch die Arbeitsgruppe Frühbetreuung der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten Deutschland e.V. (VAKJP) die Frühbetreuung in einer Institution, deren Rahmenbedingungen die Grundbedürfnisse der Kinder besonders berücksichtigen. Dies ist in einer auf diese Altersgruppe spezifisch ausgerichteten Betreuungsinstitution mit einem speziell qualifizierten Betreuerteam in besonderem Maße der Fall!  Nicht zuletzt gelingt auch eine sinnvolle Unterstützung der Eltern und somit eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur mit qualitativ ausgebildeten Betreuungskräften und entsprechenden Rahmenbedingungen.

Die Ahnataler Grünen fördern somit die pädagogische Emanzipation der U3 als eigenständige Entwicklungsphase und leiten damit erste weitsichtige Konzepte einer zukunftsorientierten Kinderbetreuung ein.

Quellen:
Wiegand, G. (2012): Frühe Gefühlsverhältnisse. Lehrbuch der psychoanalytischen Entwicklungstheorie der Unter-3-Jährigen.  Frankfurt a. M.

VAKJP e.V. (2019): Aufruf zur Betreuungssituation von Kindern unter drei Jahren und zu möglichen Langzeitwirkungen

3. Sind die Kosten bei freien Trägern nicht viel höher als in kommunalen Kindergärten?

Die Betreuungsgebühren der unter 3-Jährigen eines schon bestehenden freien Trägers in Ahnatal liegen zur Zeit etwa zwischen 10 € und 70 € über denen der kommunalen Einrichtung – abhängig vom Alter des Kindes, den Betreuungszeiten und ob ein Mittagessen gebucht wird. Beispielsweise ergab die Kostenvergleichsrechnung für Einjährige unter Berücksichtigung des Mittagessens monatliche Mehrkosten von 12 Euro (lt. Gemeinde).

Auf Initiative der Ahnataler Grünen wurde in den Beschluss der Gemeindevertretung vom 27.2.2020 ein Passus eingefügt, mit dem die Kostendifferenz durch Zuschüsse der Gemeinde an den freien Träger möglichst aufgehoben werden soll.

4. Werden durch den Neubau die Wege und damit die Fahrzeiten länger?

Selbstverständlich soll eine pädagogisch erwünschte Zentralisierung der U3 – Kinder alltagsorganisatorisch möglichst praktikabel und familienfreundlich bleiben!

Deshalb werden sich die Ahnataler Grünen dafür einsetzen, dass auch zukünftig in allen drei Ortsteilen eine U3 -Betreuung angeboten wird – entweder durch kommunale oder freie Trägerschaft.

5. Sind altersgemischte Gruppen für die Entwicklung der Kinder nicht besser geeignet? 

Altersgemischte Gruppen können im Ü3-Bereich viele positive Effekte auf die Entwicklung des Kindes haben, sofern ein offenes Konzept etabliert ist.
Die willkürliche Erweiterung der Jahrgangsgruppen ist pädagogisch jedoch nicht sinnvoll. Die Bedürfniswelt der Ein- und Sechsjährigen unterscheidet sich in so signifikanter Weise, dass auch die Fachberatung des Landkreises Kassel für die Betreuung in einer gemeinsamen Gruppe keine Empfehlung ausspricht.


Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Verwandte Artikel