Bild: C. Klatt

Nordhessischer Verkehrsverbund: Aus für den Bauna-Sprinter von Kassel-Wilhelmshöhe nach Baunatal-Großenritte und Schauenburg-Elgershausen

Unser Freund und Mitstreiter rund um alle Bemühungen für den „Bauna-Sprinter“, Klaus-Peter Lorenz, hat zum Aus für den Baunasprinter eine Zusammenfassung über die Geschichte des Einsatzes für den ÖPNV in unserer Region und den Baunasprinter verfasst. Wir dürfen den Text auf unserer Internetseite veröffentlichen.

Der HNA-Artikel zur Entscheidung des NVV und der Stadt findet sich hier: https://www.hna.de/lokales/kreis-kassel/baunatal-ort312516/nvv-erteilt-bauna-sprinter-absage-93732241.html

Klaus-Peter Lorenz schreibt:

Als wir 1995 in Kassel den NVV ins Leben riefen, war das eine „Trasse“ für den Neuaufbau des Schienenverkehrs in der Region:

Ein Verkehrsverbund, der den Kommunen und den Bürgern eigene Gestaltungsmöglichkeiten versprach, eine Gründung, die die nordhessische Einwohnerschaft zur Mitgestaltung einlud:

Die Zierenberg- Wolfhager-Bahn wurde wieder bis Korbach verlängert, das regionale Güterverkehrszentrum eingerichtet, die Regiotram aufs Gleis gesetzt und mit dem Dahinsiechen des Fernverkehrs wurden jenseits der Nord-Süd-Verbindung neue Regionalverkehre nach Westfalen, Osthessen und ins Thüringische etabliert.

Im Politischen war für eine Regionalpolitik damit angelegt, dass Verkehrsdefizite und Zukunftswünsche aus der Zivilgesellschaft und in den demokratischen Gremien zur Umsetzung „befördert“ werden konnten.

Für den verkehrs- und umweltpolitisch Engagierten bedeutete das:

Du erkennst ein Anliegen, das nimmst Du als gewählter Vertreter an, es wird:

Dein Projekt: In den Parlamenten und in der Öffentlichkeitsarbeit.

Das Projekt „Bauna-Sprinter“, für eine schnelle und bequeme Anbindung Baunatals als größter Stadt im Landkreis an den Fernbahnhof Wilhelmshöhe, verband eben beides:

Anträge in der Stadtverordnetenversammlung und im Kreistag zur Reaktivierung des Eisenbahnverkehrs erfolgten einmütig, als ein Auftrag an den regionalen Regiebetrieb NVV.

Begleitend dazu entwickelten nicht nur sozialdemokratische und grüne Aktivisten ihr Programm:

IG „Mit der Bahn ins Baunatal!“ und „AG ÖPNV der Grünen in Baunatal“ arbeiteten eng zusammen. Sie sammelten leidenschaftlich die Zukunftschancen am Schienenweg ins Baunatal: Die neuen Batterietriebwagen der Landesbahn, flüsterleise. Die Erschließung neuer Baugebiete im mittleren Baunatal. Die kommenden neuen Stellwerke und die Zwischen-Signale in Wilhelmshöhe mit der Verdopplung der Halt-Kapazitäten. Der Neubau der Kohlenstraßenbrücke mit der Chance zur Wiederöffnung zum Gleis 1 auf der Westseite des ICE-Bahnhofs.

Gemeinsam wurde eine intensive lokale und überregionale Berichterstattung über die Defizite des vorhandenen Straßenbahn-Angebotes und die Chancen des Eisenbahn-Bauna-Sprinters gepflegt.

Der wichtige Bezug zu den Nachbarkommunen Schauenburg und Kassel wurde mit Veranstaltungen in Kassel-Nordshausen und Schauenburg-Elgershausen angelegt. Ein Austausch mit Gremien und Parteien vor Ort war fruchtbar. Furchtbar waren die Schreckgespinste von dreistelligen Millionenbeträgen zu Lasten der Kommunen, die immer wieder links und rechts des Schienenstranges auftauchten – wer auch immer die Fäden gezogen haben mag…

Der eigene Blog bot Fakten und Daten für die Öffentlichkeit an und war ein Mutmacher für Viele, die mit den Aktiven auf den besseren Zug ins Baunatal hofften. Angefangen beim Baunataler Bürgermeister Pioch, der zu Zeiten des Aufbaues der Innenstadt Baunatal wegweisend den Zug nach Wilhelmshöhe wollte.

Themenveranstaltungen wie zur Finanzierung durch Regionalisierungsmittel des Bundes waren in Vorbereitung, weitere Vortragseinladungen in Baunatal und Kassel erreichten uns. Der letzte Artikel über den Visionär Karl Engelbrecht, der vor Jahrzehnten für Schauenburg eine Bahn nach Kassel projektierte, bleibt jetzt unveröffentlicht.

Unsere Sonderfahrten mit dem Bauna-Sprinter mit über 300 Gästen waren dann ein politisches Glanzstück. Nicht Eitelkeit sucht diesen Begriff, sondern der Umstand, dass den Mitbürgern einfach mal gezeigt wurde: Es geht, der Sprinter kann fahren und wir können den Zug auch „von unten“, aus der Mitte der Einwohnerschaft in Gang setzen. Das war im besten Sinne eine soziale und politische „Erfahrung“, die sich auch langgediente Kommunalpolitiker nur selten gönnen…

Von unseren Kritikern haben wir: Immer wieder dazugelernt.

Nun haben wir, also auch die Initianden aus Stadtverordnetenversammlung und Kreistag, das Ergebnis der Vor-Untersuchung des NVV aus den Medien erfahren, das Aus für einen besseren Schienenverkehr in Kassels Süden und im Baunatal.

Der „einschlägige“ Ausschuss des Kreistages für „Verkehrswesen“ hat dazu am 29. April 2025 keinen Bericht vorgelegt bekommen.

Und warum sollte es der Arbeits- und der Interessengemeinschaft im Baunatal anders ergehen, als Interessierten im Lossetal, wo das Aus für die Straßenbahn auch in Abwesenheit des Verkehrsverbundes verkündet wurde?

“Ja, blöd und frustrierend, aber das scheint das eingeläutete Ende unseres Projektes Bauna-Sprinter zu sein. Ich hätte mir selbstverständlich lieber eine – positive – Entscheidung auf politischer Ebene gewünscht. Doch diese dürfte nun durch die Äußerungen des NVV-Geschäftsführers zur Finanzierbarkeit obsolet geworden sein. Es ist sehr schade, dass die Idee einer individualverkehrs- und somit umweltpolitischen Alternative eines Regionalbahnanschlusses von Schauenburg/Großenritte nach Kassel-Wilhelmshöhe so gekappt wird.”

Kerstin Irrlitz-Jürgens, AG ÖPNV des OV Bündnis 90/Die Grünen Baunatal 

Dem halte ich auch mein anderes politisches Grundverständnis entgegen, von demokratisch geführten und kontrollierten Institutionen und vom Respekt vor der Zivilgesellschaft. Das Eigenleben von Institutionen für Schienen wie für Straßen wird politisches Vertrauen und Zutrauen in „unsere“ Mitgestaltung der Gesellschaft weiter aushöhlen.

Es war eben seinerzeit nicht nur eine Stilfrage, dass Niemand vom Verkehrsverbund an den Bauna-Sprinter-Fahrten teilgenommen hatte.

Wer seinem Verständnis vom Auftrag der gewählten Vertreter treu bleibt, der darf Soll und Haben gegeneinander stellen. Den Einfluss auf die Gremien lassen wir uns nicht nehmen und nicht die Chuzpe, Defizite und Chancen des ÖPNV zu benennen und das Bessere als Feind des Guten einzufordern!

Oder auch: Ein Fahrgastbeirat für Nordhessen fehlt immer noch, in der Gründungsurkunde des NVV 1994 versprochen, vom Kreistag zugesagt im 20. Jahrhundert.

Andere haben es besser: Von den 18 großen verkehrspolitischen Projekten in Hessen sind 16 südlich der Wasserscheide Rhein-Weser angesiedelt und werden ca. 12 Milliarden Euro kosten!

Andere haben es besser, weil die anderen bessere „Kümmerer“ haben?

Landrat Dr. Udo Schlitzberger, auf den die großen Innovationen im SPNV in Nordhessen zurückgehen, hat dazu einmal resümiert: „Leicht? Leicht war gar nichts“.

Aber es war eine erfolgreiche Regionalpolitik, sie hat motiviert und Freude gemacht!

Öffentlicher Verkehr ist ein volkswirtschaftlicher Gewinn, trägt zur Stärkung der Region bei und er ist ein wesentlicher Baustein für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen: Ökonomie und Ökologie.

Dr. Klaus-Peter Lorenz, Baunatal-Guntershausen

17. Mai 2025

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