Versiegelung von 23 ha Acker in Großenritte-Nord im Trinkwasser- und Heilquellenschutzgebiet: Auswirkungen auf das „Schutzgut Wasser“

Baunatal soll wachsen, das hat die Stadtverwaltung beschlossen. 23 ha Ackerland sollen durch einen Großinvestor aus Berlin bebaut und somit versiegelt werden. Heute möchte ich Ihnen die Folgen dieser Flächenversiegelung erläutern und auch einen Blick mit Ihnen unter diesen Acker in 240 m Tiefe werfen.

Im unteren Bild sehen Sie den riesigen blauen Grundwasserkörper, über dem das Areal der im Siedlungsrahmenkonzept ausgewiesenen Potentialfläche im Norden von Großenritte liegt. Zur Verdeutlichung: Im Süden begrenzt durch das Gertrudenstift und im Norden bis Elgershausen. Im Osten der Lützelhof und Karlshof und im Westen die Langenberge und der Grebenhof.

Die blaue Zone wird als Schutzzone III A bezeichnet, hier befinden sich unsere 3 Baunataler Tiefbrunnen. Gekennzeichnet durch drei grüne Dreiecke.

In der Regel umfasst die Zone III (blauer Bereich) das gesamte unterirdische Einzugsgebiet unserer drei Wassergewinnungsanlagen Tiefbrunnen I, II und IV.

2022 wurden aus diesen drei Tiefbrunnen 555.533 m³ gefördert:

Quelle: HLNUG GruSchu Hessen

Welche Auswirkungen hat die Flächenversiegelung / Bebauung auf unser Grund- und Trinkwasser und unsere Umwelt?

Grundwasser: Einschränkung bzw. Verlust natürlicher Bodenfunktionen z.B. Grundwasserneubildung. Eine Bewertung erfolgt mit Flächenbezug (Versiegelungsintensität). Je mehr Flächen wir versiegeln, desto mehr fruchtbarer Boden geht verloren und die Bodenneubildung wird beeinträchtigt. Weil weniger Wasser in den Boden gelangt, gibt es zudem weniger Grundwasser. Dadurch werden Trinkwassermangel und Dürreschäden begünstigt.
Wasserhaushalt: Änderungen in der Flächennutzung führen zwangsläufig auch zu Änderungen im Wasserhaushalt. Es ist ein schleichender Prozess, der im Alltag nicht wahrnehmbar ist. Langfristig können aber Ökosysteme instabil werden. Der Grund für die Versiegelung besteht darin, den Boden wasser- und luftdicht zu machen. Regenwasser kann nicht mehr in die Erde versickern, ebenso ist der Gasaustausch des Bodens gestört und wird somit innerhalb der Atmosphäre gehemmt. Da Regen nicht mehr in den Hohlräumen des Bodens versickern kann, sondern über Kanalsysteme abgeleitet wird, bildet sich weniger Grundwasser.
Den Vorgang, bei dem Wasser in den Boden eindringt und zu Grundwasser wird, nennt man Grundwasserneubildung. In der Regel dauert es sehr lange (Wochen, Monate, Jahre), bis Niederschlagswasser im Grundwasser ankommt.
Das untere Schaubild soll Ihnen die Lage der 3 Tiefbrunnen vermitteln.
TB I 203 Meter / TB II Tiefe: 221 m / TB IV Tiefe: 234 m

Quelle HLUG

Baunatal liegt in der Niederhessischen Senke.
Tertiäre Sedimente der Niederhessischen Senke: In diesem Boden finden wir Tone, Schluffe, Mergel und Sande und Braunkohle (Borken). Der Buntsandstein ist für die Wassererschließung in Nordhessen der mit Abstand bedeutendste Grundwasserleiter.

Die Istha-Scholle steht insbesondere mit dem im Osten unter der tertiären Überdeckung der Hessischen Senke anstehenden Buntsandstein – und somit mit der Fulda als Vorfluter – in hydraulischer Verbindung; es bestehen aber auch hydrogeologische / hydraulische Beziehungen zum Wolfhagen–Naumburger Graben im Westen. In der südlichen Istha-Scholle ist nur lokal ein nutzbares Grundwasserdargebot vorhanden, örtlich ist mit einer erhöhten Mineralisation zu rechnen. Der Niederschlag trägt im Bereich der Niederhessischen Senke nur in den oberen Stockwerken des Tertiärs und Pleistozäns in nennenswertem Umfang zur Grundwasserneubildung bei. Das aus den Schichten des Mittleren Buntsandsteins gewonnene Grundwasser wird überwiegend vom Westen und Osten der Niederhessischen Senke gelegenen Buntsandsteingebieten ergänzt. Nur in Gebieten ohne Überlagerung durch Schichten des Oberen Buntsandsteins und/oder des Tertiärs findet auch lokal im Mittleren Buntsandstein eine Grundwasserneubildung statt. Aus den Schichten des Solling-Sandsteins findet in den hydrogeologischen Einheiten 2.1 und untergeordnet 2.2 die stärkste Förderung statt. Bei der Ermittlung des nutzbaren Grundwasserdargebots in diesen Einheiten sind die Teileinheiten 1.1.4 und 1.3.3 und die hydrogeologische Einheiten 2.1 und 2.2 als hydrogeologisch zusammengehörig zu betrachten.

Quelle: HLNUG hydrogeologisches Gutachten

Eine Erhöhung der Förderung in einem Teilgebiet beeinflusst die Gesamtbilanz, weil die Entnahme-möglichkeiten aus dem tieferen Stockwerk, dem Mittleren Buntsandstein, dadurch begrenzt sind, dass jede Steigerung in diesem Gebiet das Grundwasserdargebot in den Nachbargebieten (Arolsen–Schlierbacher- und Istha-Scholle sowie der Söhre und dem Melsunger Bergland) schmälert.

Was bedeutet das für Großenritte und Baunatal, wenn 23 ha guter Ackerboden versiegelt werden?

Versiegelte Böden, sind Böden, deren natürliche Horizontfolge bzw. Substratschichtung durch Ein- oder Aufbringen einer technogenen Trag- oder Sperrschicht (Beton, Asphalt, Pflaster, Folie, Gebäude etc.) verändert wurde, sie also eine Versiegelung aufweisen. Die Ziele einer Versiegelung sind nutzungsorientiert, z.B. mechanische Belastbarkeit (Verkehr) oder Verhinderung des Sickerwasserflusses (Deponieabdeckung zum Grundwasserschutz). Unterschieden werden Oberflächen- z.B. Straße und Unterflurversiegelung z.B. Tiefgarage mit Bodenüberdeckung bzw. nach Intensität und Wirkung Teil- und Vollversiegelung.

Hochwasser: Auch das Risiko für Hochwasser steigt, denn das Wasser versickert nicht gleichmäßig im Boden.  Auf den zubetonierten Flächen entstehen außerdem neue Straßen und Siedlungen, die die Landschaft zerschneiden. Die neuen Gebäude, die auf versiegelten Böden gebaut werden, kosten viel Energie. Sie müssen gewartet, beheizt und gekühlt werden, dass wiederum Folgen für das Klima hat.

Eine natürliche Kühlung des Bodens ist somit nicht mehr gewährleistet, da das Kleinklima negativ beeinflusst wird. Das ist auch der Grund dafür, dass es an einem warmen Tag im Sommer innerhalb von Städten noch wärmer erscheint. Der Boden bekommt einfach keine Luft.

Die wirkungsvollste Maßnahme ist es, die Versiegelung von 23 ha Ackerboden, der im Siedlungsrahmenkonzept ausgewiesenen Potentialfläche im Norden von Großenritte, zu vermeiden!

Autorin: Martina Klein

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