SPD verschmäht gemeinsame „Strategie für die Zukunft“


Von zu Hause kennen wir alle ein einfaches Prinzip. Es lautet

  • Wenn ich etwas haben möchte, muss ich es bezahlen,
  • wenn ich sparen möchte, muss ich auf etwas verzichten.

In der Finanzpolitik einer Stadt gilt das mit gewissen Ausnahmen genauso.

Wenn wir uns ein Schwimmbad leisten wollen, kostet das Geld. Wenn wir den Vereinen Bürgerhäuser und Sportstätten überlassen wollen, kostet das Geld und wenn wir ein Rathaus sanieren wollen, kostet das Geld.

Unsere Wünsche sind unendlich, unsere Motive zumeist aller Ehren wert:

Wir möchten, dass unsere Kinder schwimmen lernen, das können sie nur in einem Schwimmbad. Wir möchten, dass eine lebendige Vereinskultur den Zusammenhalt stärkt, dafür braucht es Räume und Sportstätten. Wir finden es angenehm, in ein helles Rathaus zu kommen und von motivierten Mitarbeitern fachkompetent beraten zu werden. Wer will all das nicht?

Diese Mehrbelastung trifft jeden!

Und doch lässt sich die Mathematik von noch so guten Absichten nicht überlisten. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden, dann ist er weg. Also müssen wir angesichts dieser Tatsache leider Entscheidungen darüber treffen, was uns wirklich wichtig ist und auf was wir schweren Herzens verzichten müssen. Der Staat (auch die Gemeinde) kann diese mathematische Logik umgehen. Statt zu verzichten, kann er die Einnahmen erhöhen, z. B. durch Steuern. Bei den sogenannten Hebesätzen für die Grundsteuern A+B sowie der Gewerbesteuer reicht eine Satzungsänderung aus, und die Einnahmen sprudeln. So einfach haben es die Bürgerinnen und Bürger, die demnächst diese sprudelnden Einnahmen bezahlen müssen, leider nicht. Bei Ihnen zu Hause bleiben die Einnahmen meist gleich, während die Ausgaben stetig steigen. Ihre mathematische Wahrheit lautet, dass sie sich einschränken und auf liebgewonnene Gewohnheiten verzichten müssen. In Kürze werden neben steigenden Preisen für die Dinge des täglichen Bedarfs neue Kosten auf die Bürger zukommen. Denn die Steuererhöhung gilt rückwirkend und wirkt sich auf jeden aus: Vom Hausbesitzer bis zur Rentnerin in ihrer Mietwohnung. Denn Eigentümer dürfen die Betriebskosten grundsätzlich auf ihre Mieter umlegen, sofern dies im Mietvertrag so vereinbart wurde. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.02.2016, Az. VIII ZR 137/15, bestätigt. Die Betriebskosten werden in § 2 Betriebskostenverordnung näher genannt. Hier finden sich gleich in der Nummer 1 die Grundsteuern.

Für die Betriebe sind steigende Gewerbesteuern Kosten, die sie über steigende Preise oder Einsparungen kompensieren müssen. Auch sie haben wie die Bürger in einem schärfer werdenden Wettbewerb nur eingeschränkte Möglichkeiten dazu, ihre Einnahmeseite zu erhöhen.

Politische Ansichtssache

Im Unterschied zur Mathematik ist die Entscheidung der Politik darüber, was wichtig ist und was nicht, Ansichtssache. Wir waren immer der Ansicht, dass das Rathaus anders hätte saniert werden können – weniger aufwendig und damit weniger teuer. Wir haben immer davor gewarnt, dass das überzogene Volumen der Sanierungsmaßnahmen die finanziellen Möglichkeiten Vellmars bei weitem übersteigen und der Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen würde. Die SPD war anderer Meinung. Die Ansichten wurden in öffentlichen Debatten intensiv ausgetauscht, am Ende hat es die SPD gegen den von GRÜNEN und CDU unterstützten Bürgerentscheid von 2011, das dieses Sanierungskonzept abgelehnt hat, in einem vergleichbaren Volumen neu aufgelegt und mit einer veränderten, zugegebener Maßen besseren Finanzierungskonstruktion, durchgesetzt. Gut also, dass es den Bürgerentscheid gegeben hatte, sonst wären die Kosten durch das ursprünglich geplante „Erbbaurechts-Mietmodell“ bereits vor Jahren aus dem Ruder gelaufen und die Stadt ein Fall für den Rettungsschirm geworden. Und genauso können wir das auf einige andere Projekte der letzten Jahre übertragen, bei denen wir anderer Meinung waren und vor den dramatischen Belastungen für unser Stadtsäckel gewarnt haben.

Blick nach vorn ist wichtiger denn je!

Der Blick in den Rückspiegel hilft uns jedoch nicht, den richtigen Weg in die Zukunft einzuschlagen. Deshalb gab es seit Jahren Angebote von CDU und GRÜNEN, der Mehrheitsfraktion entgegenzukommen und gemeinsam in Gespräche einzutreten. Wir hielten und halten es noch immer für unumgänglich, eine „Zukunftsstrategie für Vellmar“ aufzulegen. Schließlich ist Vellmar unsere gemeinsame Heimatstadt und die finanzielle Grundausstattung ist eine entscheidende Voraussetzung für ihre weitere Entwicklung.

Es gibt sicherlich nicht viele „Oppositionsparteien“, die ohne Zwänge von Koalitionsverträgen einer Mehrheitsfraktion eine solche Unterstützung anbieten und konstruktiv helfen, nicht alleine als Buhmann vor den Bürgern dazustehen, wenn unbequeme Einschnitte verkündet werden sollen.

In der HNA war in der Berichterstattung zu der vorbereitenden Ausschusssitzung, bei der sich bereits Uneinigkeit abzeichnete, das schöne Bild der „ausgestreckten Hand“ gemalt worden. Diese Handreichung wurde verschmäht. Schade, wie wir meinen. Denn die kommenden Herausforderungen werden noch ganz andere Belastungen für die Kommunen bereithalten. Man denke allein an die Folgen des Klimawandels oder die instabiler werdende Weltwirtschaft, auf deren Folgen sich auch unsere Städte und Gemeinden einstellen müssen, wo die Arbeitsplätze zu Hause sind. Heute an morgen zu denken ist das Gebot der Stunde, die platte Anhebung der Hebesätze ohne gemeinsames Zukunftskonzept sicher nicht. 

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