Wenn alle Brünnlein fließen…

Der jüngst in der HNA berichtete „Kasseler Wasserstreit“ um die Höhe der Wassergebühren hat auch Auswirkung auf die Portemonnaies aller Vellmarer Bürgerinnen und Bürger. Denn mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.02.2012 hat sich die Stadt Vellmar an die Entscheidung der Stadt Kassel zur Rekommunalisierung der Wasserversorgung durch Gründung von KASSELWASSER angehängt. Damit geht dieser Streit zwischen Privatklägern aus Kassel und Vellmar mit der Stadt Kassel auch für die Vellmarer Wassernutzer/innen wahrscheinlich in die nächste Runde. Und deren Ausgang ist offen. Der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Christian Geselle (SPD), hat zumindest angekündigt, den Rechtsweg ausschöpfen und sich nicht mit dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) abfinden zu wollen.

Dieser hatte mit Urteil vom 11.12.2018 festgestellt, dass die Wassergebühren zu hoch seien, weil unzulässigerweise eine Konzessionsabgabe hineingerechnet wurde, die dort nicht hineingehöre. KASSELWASSER hatte als Eigenbetrieb der Stadt Kassel seit 01.04.2012 von der Städtische Werke Netz und Service GmbH (eine Tochterfirma der Städtischen Werke AG) das Leitungsnetz gepachtet und zugleich die NSG mit der technischen Wasserversorgung der Bevölkerung beauftragt. Für diese Leistung wird ein Entgelt fällig (das „Pacht- und Dienstleistungsentgelt“), welches KASSELWASSER an die NSG, ein privatrechtlich-organisiertes Unternehmen, zahlen muss. Wer ein Glas Waser bestellt, muss es zahlen – so weit so logisch. In die Berechnung des „Pacht- und Dienstleistungsentgeltes“ fallen aber u. a. Kosten, welche die Stadt Kassel von der NSG für die Nutzung der öffentlichen Straßen als „Konzessionsabgaben“ erhebt. Wenn die NSG z. B. für die Legung einer Wasserleitung eine öffentliche Straße benutzt, so folgt gem. § 48 i. V. m. § 117 Energiewirtschaftsgesetz – EnWG – unmittelbar die Pflicht zur Konzessionsabgabe des Versorgungsunternehmens (hier aus Sicht der Stadt Kassel die „private“ NSG GmbH) an die Stadt Kassel. Denn die Nutzung der öffentlichen Straßen durch die Fahrzeuge oder Maßnahmen des Versorgers führen zu Schäden, die letztendlich „verursachergerecht“ durch die Gemeinden in Rechnung gestellt werden müssen. Für das Versorgungsunternehmen (NSG) sind diese Konzessionsabgaben betriebswirtschaftlich gesehen echte Kosten, die sie KASSELWASSER als Auftraggeber in Rechnung stellen. KASSELWASSER wiederum muss als Eigenbetrieb kostendeckend arbeiten und legt somit das Entgelt, das sie an die NSG bezahlt, auf die Gebührensätze um, die wiederum von den Wassernutzern in Kassel und Vellmar zu zahlen sind. Anders sähe die Sache freilich aus, wenn KASSELWASSER die Versorgungsleistung (Lieferung von Wasser an die Bürger/innen) unmittelbar selbst erbringen würde, d. h. ohne Zwischenschaltung der NSG (GmbH), es also eine „echte Rekommunalisierung“ gegeben hätte, in der die Stadt wie angekündigt als „Versorger“ auftreten und die Wasserlieferung als hoheitliche Aufgabe erbringen würde. Dann wäre der Fall so, dass die Stadt durch den Eigenbetrieb Konzessionsabgaben an sich selbst entrichten würde, was letztlich rechtswidrig wäre. Die Bürger/innen müssten somit einen wesentlichen Kostenposten (die Konzessionsabgaben) über die Wassergebühren nicht bezahlen, der Preis für das wertvolle Nass wäre sehr viel günstiger für alle.

Die juristische Bewertung, ob die Gebühren korrekt unter Berücksichtigung der in § 10 des Gesetzes über kommunale Abgaben (KAG) und dem Erforderlichkeitsgebot des Grundgesetzes erhoben wurden oder nicht, bleibt den Gerichten vorbehalten. Für die Politik bleibt die Frage, welcher Schaden für die Glaubwürdigkeit entsteht, wenn die „Rekommunalisierung“ der Wasserversorgung im Jahr 2012 letzten Endes keinen Vorteil für die Bürger/innen gebracht hätte, sondern dem komplizierten Geflecht der städtischen Unternehmen lediglich ein Eigenbetrieb namens KASSELWASSER hinzugestellt worden wäre. Es entstünde der Eindruck eines vergrößerten „Wasserkopfes“ für eine Leistung, die schon vor der „Rekommunalisierung“ 2012 vom Landeskartellamt als „zu teuer“ gerügt wurde. Letztlich verfestigte sich der Eindruck, KASSELWASSER sei nur gegründet worden, um dem Streit der NSG mit dem Landeskartellamt zu entfliehen und weiterhin an einer Gebührenhöhe festzuhalten, die künstliche Kostenposten in die Wasserpreise, sorry… -gebühren, einrechnet, um was auch immer zu finanzieren oder quer zu subventionieren. Wäre das so, wäre die „Rekommunalisierung“ von 2012 nur ein Etikettentausch…. soll man das wirklich glauben?

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